Als Nazis in der Schule Schanzenstraße das Sagen hatten

Von der vollständigen Schließung aller jüdischen Schulen in Deutschland am 30. Juni 1942 war auch die der Israelitischen Töchterschule in der Karolinenstraße betroffen. Bereits am 15. Mai 1942 musste die Schule auf Anweisung des Hamburger Gauleiters der NSDAP, Karl Kaufmann, das Gebäude in der Karolinenstraße verlassen. 1985 veröffentlichte Wilhelm Mosel in seiner Schriften “Wegweiser zu ehemaligen jüdischen Stätten in den Stadtteilen Eimsbüttel, Rotherbaum” über einen Vorgang, der beide Schulen betraf.

In einem Schreiben der damaligen Schulleitung der Schanzenstraße an die Hamburger Schulverwaltung vom 2. April 1942  machte sie geltend macht, dass eine Verlegung der Schülerinnen der Israelitischen Töchter nicht erfolgen könne. Es sprechen “dringliche Gründe”, die die Schulleitung gegen eine Verlegung der “Judenschule” in die Klassenräume in das dritte Stockwerk. Der unbestreitbar „gute” Ruf der alten Mädchenvolksschule würde mir einem Schlage schwer geschädigt werden, wenn jüdische Kinder im Schulgebäude untergebracht würden. 

Das für die “Judenschule” vorgesehene Stockwerk sowie der Schulhof lägen nicht etwa abgeschlossen, sondern wäre vielmehr für die Blicke der umwohnenden Familien sichtbae. Die Umgebung sei die jüdische Bevölkerung nicht gewöhnt, so die Argumentation. Es befände sich unter den Schülerinnen der Schanzenstraße zurzeit nur “Mischlinge zweiten Grades”. Es würde also zu Hänseleien aus den Fenstern sowie andere unliebsame Zwischenfälle die Kräfte des zum Teil überlasteten Kollegiums unnötig in Anspruch nehmen. Da die Luftschutzräume der Schanzenstr. 105 nur für etwa 200 Personen zulässig seien, würde, wenn die jüdischen Schülerinnen dazu kämen, eine Berührung mit diesen unvermeidlich sein. Dieses enge Zusammensein von “arischen Personen” mit jüdischen Kindern müsse im Dritten als „unhaltbar“ abgelehnt werden. 

Diese Gründe würden die innere Ruhe des Schullebens der Schanzenstraße bedenklich stören und die infolge der schlechten häuslichen Verhältnisse besonders nötige Betreuung und Erziehung der Kinder stark beeinträchtigen, so daß man dringend um eine nochmalige Überprüfung der Angelegenheit bitte. 

Die meisten der letzten 76 Schülerinnen der Israelitische Töchterschule und ihre Lehrer wurden deportiert. Ihr Schulleiter, Dr. Albert Jonas, wurde mit seiner 18-jährigen Tochter Esther am 19. Juli 1942 über die Schule Schanzenstraße nach Theresienstadt deportiert. Dort starb er nach wenigen Wochen. Sie überlebte.

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