Otto und Paula Beer aus dem Kleinen Schäferkamp 33

Otto und Paula Beer wohnten bis Mai/Juni 1939 Kleiner Schäferkamp 33. Paula Wolf, wie ihr Mädchennamen lautete, wurde am 14. Januar 1893 im niedersächsischen Celle geboren, Otto Beer war tschechoslowakischer Staatsbürger und kam am 7. April 1900 in Hamburg auf die Welt.

Das damalige Gebäude Kleiner Schäferkamp 33 gibt es nicht mehr. Ein historisches Bild, siehe rechts, zeigt die Kreuzung Altonaer Straße/ Schanzenstraße vermittelt in gewissen Eindruck von dem Haus.

Auf der rechten Seite ist das Elisabeth- Krankenhaus (heute Altenheim), dahinter das Gebäude Kleiner Schäferkamp 33. Paula und Otto Beer waren nach ihrer Hochzeit am 21. Oktober 1937 in den 3. Stock in eine 4 ½ Zimmerwohnung gezogen.

Staatsarchiv Hamburg 351-11_15160

Sie beschreibt nach 1945 im Rahmen eines Wiedergutmachungs.verfahrens: “Ein Zimmer vermieteten wir, die übrigen 3 ½ Zimmer wurden von uns bewohnt und waren voll eingerichtet, 1 Schlafzimmer, 1 Wohnzimmer, 1 Fremdenzimmer und ein halbes Zimmer, dass allerdings von uns kaum bewohnt worden ist.” …“Hausrat haben wir beide mitgebracht” und haben “noch einigen Hausrat dazu gekauft.”… “Während mein Ehemann als Junggeselle verständlicherweise fast gar nichts an Hausrat mitbrachte, hatte ich während meiner beruflichen Tätigkeit mir schon eine gute Aussteuer zusammengespart.”

Nach dem Besuch der Talmud Tora Schule im Grindelviertel begann Otto Beer mit 16 Jahren eine kaufmännische Ausbildung und war danach in verschiedenen Unternehmen tätig. Ab 1927 arbeitete er bei Teppich-Juster.

Staatsarchiv Hamburg 351-11_15160

1938 wurde er dort aus rassistischen Gründen entlassen. Paula war Verkäuferin und arbeitete u.a. bei der Im- und Exportfirma Ludwig Bing & Co. Neuer Wall. Von 1925 bis Juni 1933 war sie bei Karstadt tätig. Wie andere jüdische Beschäftigte wurde auch sie 1933 dort entlassen. Sie war für längere Zeit arbeitslos, fand aber immer wieder Beschäftigung bei den Gebr. Robinson Neuer Wall, ein ehemals großes Hamburger Modehaus.

Staatsarchiv Hamburg 351-11_15160

Nach den Novemberpogromen 1938 begann auch in Hamburg eine erneute große Fluchtbewegung jüdischer Menschen. In diesem November wurden alle Synagogen in Brand gesteckt, die noch wenigen vorhandenen jüdischen Geschäfte zertrümmert, fast 1.000 jüdische Menschen in Hamburg festgenommen und die meisten ins KZ-Sachsenhaus verschleppt. Sie wurden nach einigen Monaten freigelassen, wenn sie unterschrieben hatten, dass sie unverzüglich Deutschland verlassen würden. Noch konnten wir nicht klären, ob Otto Beer einer von den Menschen war, die nach Sachsenhaus verschleppt wurden. Aus den Akten geht hervor, dass Paula und Otto einen Antrag zum „Zwecke der Auswanderung” gestellt hatten. Aus ihrer erzwungenen Vermögenserklärung vom 30. Mai 1939 geht hervor, dass sie kein Bargeld mehr besaßen, über kein Guthaben mehr verfügten, keine Wertpapiere, wie auch über keine Hypothekenforderungen oder Grundvermögen.

Otto Beer war am 10. Mai 1939 nach Belgien gefahren. Paula folgte ihm am 29. Juni 1939. Den Wohnungsschlüssel ihrer Wohnung im Kleinen Schäferkamp übergab sie kurz vorher ihrem Vater, aber das bereits aufgelistete Umzugsgut erreichte sie nie in Belgien. “Was mit der Wohnungseinrichtung wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Es war die Absicht, den Hausstand nachkommen zu lassen, alle Vorbereitungen waren bereits getroffen. Ich nehme an, dass sich fremde Personen an den Hausstand heran gemacht hatten. Möglicherweise hat der Hauswirt die Wohnungseinrichtung verkauft.”

Belgien war eines der Länder, in das zehntausende jüdische Menschen nach dem November-Pogromen 1938 aus Deutschland und nach der Besetzung Österreichs durch die deutsche Wehrmacht im März 1938 flüchteten. Kurz vor der Besetzung Belgiens im Mai 1940 durch die deutsche Wehrmacht wurde Otto Beer am 10. Mai 1940 in Antwerpen inhaftiert und in ein Internierungslager nach Frankreich verschleppt. Sie sahen sich nie wieder. Als Paula ihren Otto im Internierungslager in Gurs/Frankreich treffen wollte, wurde sie von der Gestapo an der belgisch- französischen Grenze am 27. April 1941 festgenommen und in ein anderes Internierungslager nach Rivesaltes/Frankreich verschleppt. Sie wurde in anderen Lagern von der mit dem Nazi zusammenarbeiten Vichy-Regierung als Zwangs- arbeiterin in La Meyze eingesetzt, wo sie später befreit wurde. Otto Beer wurde am 9. September 1942 aus dem Internierungslager Drancy/Frankreich nach Auschwitz deportiert und ermordet. Er wurde Ende 1945 für tot erklärt.

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