Pate:in für Helene und Salomon Finkels aus der Weidenallee 4 gesucht

Liebe Nachbarn, vielleicht erinnern Sie sich an den obigen Zettel in Ihrem Hauseingang, der über mögliche Stolpersteine für Helene und Salomon Finkels vor der Weidenallee 4 informierte? Diese Steine finden Sie überall in Hamburg, eingelassen auf Gehwegen. Sie erinnern an NS-Opfer und liegen vor den Häusern, in denen sie ihre letzte frei gewählte Wohnadresse hatten, bevor sie vom NS-Regime verschleppt wurden – so auch in der Weidenallee.

Helene und Salomon Finkels lebten bis 1939 in der Weidenallee 4 zur Miete, bevor sie gezwungen wurden, ihre Wohnung zu verlassen. Ihre Wohnung lag im oberen Erdgeschoss. Ob links oder rechts, das weiß ich nicht. 

Helene, eine geborene Suhsmann, war am 8. November 1879 in Lübeck zur Welt gekommen. Salomon Finkels wurde am 22. Februar 1875 in Hamburg geboren. Ihre Kinder waren Kurt (*1. Juli 1909) und Ruth (*18. Oktober 1910). Die Familie lebte laut Hamburger Adressbuch seit 1915 in der Weidenallee 4, vorher Schulterblatt 67, wo sich seit 1906 das Wäschegeschäft von Salomon Finkels befand. Auf der Steuerkarte steht der Zusatz “Kaufhaus Finkels, Altona”.

Da sie Juden waren, waren sie 1939 gezwungen, die Wohnung in der Weidenallee 4 zu verlassen und mussten in die Bundesstraße 35, in einem jüdischen Stift wohnen. Im selben Jahr war Juden in Hamburg das Wohnrecht genommen worden. Ihr Mobiliar mussten sie veräußern. Die eiligen Auszüge jüdischer Menschen waren für die Nachbarschaft immer auch ein Selbst- bedienungsladen, das geht aus Erinnerungsberichte der überlebenden NS-Opfer hervor. Hunderttausende Hamburger eigneten sich damals jüdisches Eigentum an – wahrscheinlich wurde auch die Wohnung der Finkels geplündert.

Kurt, der Sohn von Helene und Salomon, ging in die Talmud Tora Schule im Grindelviertel. Er war später als kaufmännischer Angestellter tätig. 1938 hatte er Margot Laser geheiratet. Das Paar lebte seit dem 20. Februar 1938 in der Rutschbahn 27. Anfang 1939 verlor Kurt seinen Arbeitsplatz. Im März zogen die beiden in die Heinrich-Barth-Straße 8. Weitere Umzüge folgten in die Heinrich-Barth-Straße 5 und im Juli 1940 in die Eckernförder Straße 66 (heute Simon von Utrecht-Straße). Ruth, die Tochter der Finkels, schrieb später über ihren Lebensweg in Deutschland, dass sie „nach dem üblichen Schulbesuch … in Deutschland Zahnheilkunde studiert und nach meinem Examen als Ärztin, sowie im Anschluss daran das Doctor-Examen an der Universität in Bonn abgelegt. Da ich meinen Beruf in Deutschland nicht ausüben konnte, bin ich nach Holland ausgewandert. Im Januar 1935 habe ich durch die mir befreundete Familie Adriaansen in Amsterdam eine Stellung in dem zahntechnischen Laboratorium des Herrn Adriaansen in Amsterdam bekommen.” 

Mit dem Machtantritt der Nazis in Hamburg am 5. März 1933 begann die staatliche Verfolgung jüdischer Menschen. Ab April 1933 wurden sie in Hamburg aus den öffentlichen Einrichtungen vertrieben, so die Lehrer:innen oder die Ärzt:innen. Es wurde davor gewarnt, in jüdischen Geschäften einzukaufen. Salomon Finkels Umsätze gingen zurück. Ab 1935 arbeitete er nur noch halbe Tage im Geschäft. Ab 1938 gingen die Nazis dazu über, die jüdischen Menschen zu enteignen. Ziel war zum Zeitpunkt die Vertreibung aller Jüdinnen und Juden. Dazu gehörte, dass sie ab 1939 auch zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden, organisiert über das Arbeitsamt. Salomon Finkels musste ab 1940 bei der Baufirma Meyer aus Blankenese Erdarbeiten verrichten.

Die letzte Wohnadresse von Helene und Salomon Finkels war die Bundesstraße 35, von dort aus wurden sie am 8. November 1941 nach Minsk deportiert. So erging es auch ihrem Sohn Kurt und seiner Frau Margot. 1945 wurden sie für tot erklärt. Vor der heutigen Simon von Utrecht-Straße 66 erinnern zwei Stolpersteine an Margot und Kurt Finkels.

Was will ich von Ihnen?

Bisher gibt es keine Stolpersteine, die an Helene und Salomon Finkels vor der Weidenallee 4 erinnern. Damit welche verlegt werden, müssten sich Patinnen und Paten finden, die für einen Stein 120 € spenden. Ich bin bereits Pate einiger Stolperstein und möchte Sie ermutigen und bitten, ob Sie sich das vorstellen könnten – vielleicht auch als Gemeinschaftsprojekt? Auf der Web-Seite der Stolpersteine (www.stolpersteine-hamburg.de) finden Sie unter dem Navigationspunkt “Pate/Patin werden” weitere Informationen.

Kommen Sie zu unsere Kundgebung:

Ab 1941 ging es dem NS-Regime nicht mehr um die Vertreibung der jüdischen Menschen, sondern um ihre vollständige Vernichtung. Die erste Deportation fand am 25. Oktober 1941 nach Riga statt. Aus Hamburg erfolgten bis Februar 1945 insgesamt 20 Deportationen. Am 15. und 19. Juli 1942 fand eine der größten Massendeportationen über die Schule Schanzenstraße statt, direkt gegenüber dem Bahnhof Sternschanze. Über 1.500 jüdische Menschen wurden an diesen beiden Tagen nach Theresienstadt/Terezin, in der Nähe von Prag, deportiert. Nur wenige überlebten. Seit einigen Jahren ruft unsere Initiative im Viertel jährlich auf, mit einer Kundgebung daran zu erinnern. Dieses Jahr findet diese Kundgebung am 

Mittwoch, den 19. Juli 2023 um 17 Uhr vor dem Haupteingang der Ganztagsgrundschule Sternschanze auf Höhe der Altonaer Straße 38

statt. Hier befinden sich alle Namen der damals Deportierten über die Schule auf mehreren Tafeln. Es wäre schön, wenn Sie Zeit fänden, dieses Jahr dabei zu sein.

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