Am 15. Juli 2025 wird wieder eine Kundgebung an der (Ganztagsgrund)Schule Sternschanze stattfinden, um an die über 1.500 jüdischen Menschen zu erinnern, die an diesem Ort vor 82 Jahren nach Theresienstadt (Terezín) bei Prag deportiert wurden. Es gab kein Erbarmen: Viele Kinder und Jugendliche – darunter 13 Schülerinnen der letzten Abgangsklasse der Israelitischen Töchterschule in der Karolinenstraße 35 – waren darunter.
Viele der Verschleppten mussten zuvor in der direkten Nachbarschaft leben – in den „Judenhäusern“ Agathenstraße 3, Kleiner Schäferkamp 32, Schäferkampsallee 25/27 und 29 oder Laufgraben 37. Weitere der Deportierten kamen aus Massenunterkünften für jüdische Menschen, wie es sie Bundesstraße 35 und 43, Sedanstraße sowie Stresemannstraße /Ecke Altonaer Straße gegeben hatte. Oder aus Einrichtungen in Blankenese.
Die Menschen mussten monatelang zuvor bereits sichtbar einen „Judenstern“ tragen; ihre Wohnhäuser waren mit einem „J“ gekennzeichnet. Die Hetze des NS-Regimes war längst in der Bevölkerung angekommen und war zu ihrer Überzeugung geworden. Es herrschte der Glaube, „Bluteigenschaften“ machten die deutsche „Rasse“ aus: Wer jüdisch war, Romnja oder Sintezza, seelisch oder körperlich krank, stellte demnach eine Gefahr für diese dar. Parallel wurde die antisemitische Verschwörungserzählung vom „jüdischen Finanzkapital“, das die Welt beherrschen wolle, verbreitet.
Dass es bei den Deportationen um die systematische Vernichtung jüdischer Menschen ging, war der deutschen Gesellschaft vermutlich nicht bewusst, aber sie tolerierten und unterstützten die Vertreibung. Sintezza wurden in der Schule Schanzenstraße verfolgt, ihre Angehörigen aus der Nachbarschaft nach Auschwitz deportiert. Schüler und Schülerinnen der damaligen Sprachheilschule Schanzenstraße wurden ausgesondert und misshandelt. Das war möglich, weil die Mehrheit der Gesellschaft die Propaganda des NS-Systems für sich übernahm.
Die NSDAP war am 5. März 1933 in Hamburg an die Macht gekommen – ohne jemals die Mehrheit der Abgeordneten in der Hamburgischen Bürgerschaft gestellt zu haben. Erst durch die Unterstützung anderer rechter Parteien konnte sie den Senat bilden: Sie einte ein aggressiver Antisemitismus und überboten sich gegenteilig mit ihrer Hetze. Dazu gehörte auch der „Stahlhelm“ und die Deutschnationale Volkspartei (DNVP), die sich als die „wahren Faschisten“ bezeichneten. Für sie waren die Jüdinnen und Juden die Schuldigen an der Niederlage des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg.
Heute leben wir in einem demokratischen und sozialen Rechtsstaat, der die Menschenrechte anerkennt. Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus zielen heute wieder darauf ab, den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und die demokratischen Werte und Grundsätze zu zerstören. Menschen aufgrund vermeintlich „schädlicher“ Eigenschaften auszugrenzen, wird wieder zunehmend salonfähig gemacht. Die AfD spricht offen von „Re-Migration“ – und übernimmt damit bewusst heutiges Nazivokabular. 1942 stand auf den Meldekarten „Abwanderung“.
Dieses Jahr beteiligen wir uns an einer Aktivität der Ganztagsgrundschule am 15. Juli 2025 um 9:30 Uhr, in der es auch um die 13 jüdischen Schülerinnen und Schüler geht, die damals über die Schule Schanzenstraße deportiert wurden.