Diese Postkarte schickte Johanna Rosenberg, geborene Storch, 1943 an ihre Tochter Else, die zum Zeitpunkt im Altonaer Hohenzollernring 115 wohnte. Die Karte kam aus dem Getto Theresienstadt/Terezin in der Nähe von Prag. Es dürfte eines der letzten Lebenszeichen an ihre Familie in Hamburg gewesen sein.
Johanna Rosenberg wurde am 15. Juli 1942 über die Schule Schanzenstraße am S-Bahnhof Sternschanze zusammen mit über 800 Jüdinnen und Juden nach Terezin verschleppt. Fast alle mussten sich am 14. Juli 1942 im Schulgebäude einfinden und die letzten Habseligkeiten wurden ihnen abgenommen. Sie übernachteten hier, bevor sie am 15. Juli 1942 auf Mannschaftswagen der Polizei gelandet wurden. Die brachten sie zum Hannoverschen Bahnhof, in der Nähe des Hauptbahnhofs (heute Hafencity hinter dem SPIEGEL-Gebäude). Mit einem Zug wurden sie fast bis nach Terezin deportiert. Als der Zug die deutsch-tschechische Grenze überquerte, wurde ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Johanna Rosenberg kam am 5. November 1944 in Terezin ums Leben.
Was ist über Johanna Rosenberg bekannt?
Am 13. September 1869 wurde Johanna Storch in Hamburg geboren. Sie war mit Wilhelm Rosenberg (geb. 1871) verheiratet. Das Paar hatte zwei Kinder, Elsa (geboren 26. August 1898) und Alice (1. März 1903). Johannas Mann starb 1936. Zu diesem Zeitpunkt wohnten sie in der Bismarckstraße 76, nach dem Tod ihres Mannes zog sie erst in die Wohnung ihrer Tochter. Alice, im Grindelberg 74. Später erfolgte der Umzug 1936 in den Scheideweg 49, wo sie bis 1939 lebte. Am 28. Mai 1939 musste sie in den Martin-Brunn-Stift der Väterstädtischen Stiftung in der Eppendorfer Frickestraße 24 ziehen. Hier fand sie eine Unterkunft im 1. Stock, Zimmer 12a. Das Zimmer teilte sie sich mit Marianne Philipp (geb. 1863), die dort seit Februar 1939 lebte.
Seit 1939 wurde den jüdischen Menschen das Wohnrecht genommen und ihnen konnte jederzeit gekündigt werden. Binnen 14 Tagen mussten sie ausziehen. Die Bedingung war der Nachweis einer freien Wohnung. Die jüdischen Stiftwohnungen wurden zu Massenunterkünften, weil mehrere Personen in die Wohnungen eingewiesen wurden. Beide bekamen zum Juli 1942 den Deportationsbefehl über die Schule Schanzenstraße, Johanna am 15., Marianne am 19. Juli 1942.
Sie nahm zwei Koffer mit Kissen, Decke und Kleidung mit. Das Zimmer in Frickestraße 24 wurde versiegelt und eine Spedition räumte die Wohnung aus. Das geraubte Gut wurde durch einen Auktionator, in diesem Fall Carl F. Schlüter, im September 1942 versteigert, den Erlös kassierte die Finanzbehörde Hamburg.
Was wurde aus Johanna Rosenberg und ihrer Familie?
Johanna Rosenberg starb am 5. November 1944 in Terezin. Ihre Tochter Alice wurde am 18. November 1941 mit ihrem Sohn Mosche (geb. 6. Juli 1940) nach Minsk deportiert, ihr Mann/Vater, Marcus, war bereits am 8. November 1941 dorthin verschleppt worden. Sie überlebten nicht und wurden am 8. Mai 1945 für tot erklärt. Da Elsa Rosenberg mit Eduard Schreiber aus der Mehrheitsgesellschaft verheiratet war, wurde sie nicht deportiert und überlebte.
Über die Postkarte/n aus Theresienstadt
Im Hamburger Staatsarchiv liegen über 250 dieser Postkarten aus Terezin/Theresienstadt an Personen in Hamburg. Es sind Lebenszeichen an diejenigen, die noch in Hamburg lebten, die noch nicht deportiert waren oder wo die Absender:innen nicht wussten, was aus ihren Angehörigen und Verwandten geworden war. Sie konnten die Garnisonsstadt Terezin, damals Theresienstadt, nicht verlassen, eine Kommunikation mit der Außenwelt war nicht möglich. Im Laufe der Zeit war eine Postverkehr unter bestimmten Bedingungen möglich. Einmal in drei Monaten durfte z.B. auf einer vorgedruckten Postkarten geschrieben werden. Dazu gehörten auch solch Vordrucke wie die mit dem empfangen Päckchen.
Was geschrieben wurde, war durch die Gestapo geregelt, die Postkarten Unterlagen einer mehrfachen Zensur. Einmal in Terezin, aber auch durch die Gestapo in Berlin, von wo alle Postkarten aus Terezin geschickt wurden. Von dort wurden sie an die Empfangsadressen weitergeleitet. Offenbar war es eine der Bestimmungen für Hamburg, dass Postkarten aus Terezin nicht direkt, sondern über die verbliebenen Personen der jüdischen Gemeinde in Hamburg geschickt werden mussten, zumindest lassen es die Postkarten im Staatsarchiv vermuten.
Heute erinnert im Scheideweg 49 in Hamburg-Eimsbüttel ein Stolpersten an Johanna Rosenberg.
