Vor dem Laufgraben 27 wurde ein neuer Stolperstein verlegt, für Elisabeth Menke. Kurz vor ihrer Deportation am 6. Dezember 1941 nach Riga musste sie hier nach Darstellung der Hamburger Stolpersteine leben.
Bis zu ihrem erzwungenen Umzug lebte Elisabeth Menke seit dem 3. Mai 1927 in der Bornstraße 22, dem jüdischen Louis-Levy-Stift, im II. Stock, in einem kleinen Zimmer zur Untermiete. Sie muss eine sehr fleißige Frau gewesen sein, wenn man die Notizen des Arbeitsamts vor 1933 liest. In Zeiten der Massenarbeitslosigkeit in der Weimarer Republik zu Beginn der 1930er Jahre war sie doppelt davon betroffen, da sie sich mit TBC angesteckt hatte. Ein Sachbearbeiter schrieb auf ihren Arbeitslosen- antrag 1930: Sie sei “seit vielen Jahren als arbeitsfreudig bekannt. Infolge ihre schweren Krankheit, TBC wurde erst im April diesen Jahres festgestellt, war sie schon lange nur auf Halbtags- bzw. Stundenbeschäftigung als Kinderfräulein angewiesen.”
Elisabeth Menke wurde am 16. Januar 1894 in Hamburg geboren. Ihre Eltern, Fanny und Otto, waren sehr früh, 1901 und 1910, gestorben, so dass sie zusammen mit ihrer Schwester, Anna Menke (geboren am 15. April 1893) bei einer anderen Familie aufgewachsen und gelebt haben musste. Bis 1938 bemüht sich Elisabeth immer wieder um Arbeit. Diese findet sie nur bei jüdischen Menschen. Selbst das NS-Wohlfahrtsamt kommt 1937 zu der Feststellung, dass sie “einen durchaus arbeitswilligen Eindruck macht und sich auch immer wieder bemüht, nicht alleine durch das Arbeitsamt, sondern auch durch Vermittlung von Bekannten, Pflegen zu bekommen.”
Da ihre Einkünfte wegen der Beschäftigungs- und Bezahlungslage sehr gering waren, benötigte sie finanzielle Hilfe, so dass ihre Miete zeitweilig vom Wohlfahrtsamt übernommen wurde. Unter den Nazis wurde die Wohlfahrt völkisch und antisemitisch ausgerichtet. Arbeit bedeutete in dem Bild der Nazis, dass man für Deutschland, für die Volksgemeinschaft arbeitet, was Juden ausschloss. Schritt für Schritt wurden die wenigen Leistungen für jüdische Menschen abgebaut und gestrichen.
Elisabeths Schwester Anna war zur Hälfte an einem erfolgreichen “Kunstsalon Maria Kunde” in der Bornstraße 30 beteiligt und arbeitete in der Galerie. Bis zu ihrer Flucht 1939 nach England unterstützte sie Elisabeth mit monatlich 200 RM. Flucht und Verkauf für jüdische Menschen bedeutete aber, dass ihnen alles Vermögen von dem NS-Staat genommen wurde, sei es durch “Fluchtsteuern” oder anderen erfundene Abgaben. Mit einer “Sicherungsanordnung” wurde das Vermögen beschlagnahmt. Für Elisabeth Menke bedeutete es, dass sie kein Geld mehr über ihre Schwester bekam, da diese Schwester kein Geld mehr hatte. Anna lebte verarmt in England.
Ab Mitte 1938 musste sich Elisabeth Menke wie alle jüdischen Menschen, die auf Unterstützung der Wohlfahrt angewiesen waren, bei der “Sonderstelle B” in der Paulinenstraße 12 in St. Pauli melden, die extra eingerichtet worden war, um sie zu erfassen und um systematisch gegen sie vorgehen zu können. Das Ziel vor den Deportationen war, sie durch schlechte “Behandlung” aus Deutschland zu vertreiben. Die “Sonderstelle B” zwang jüdische Menschen zur Pflichtarbeit ohne Bezahlung.
Elisabeth Menke musste sich wie andere ältere oder kranke jüdische Frauen, z.B. Betty Worms, im Februar 1939 im Schulgarten in der Ralph-Baberadt-Straße 42 in Fuhlsbüttel einfinden. Nach drei Monaten war sie dazu nicht mehr in der Lage. Egal, wie ihr Gesundheitszustand war, das zuständige Arbeitsamt für diese Arbeitseinsätze schrieb am 6. Mai, dass man für sie einen anderen “Pflichtarbeitsplatz suchen solle“. Da das gesamte Vertreibungsprogramm Mitte 1939 eingestellt wurde, dürfte Elisabeth Menke nicht mehr als Zwangsarbeiterin eingesetzt worden sein. Im September 1939 überfiel Deutschland Polen und die Nazis sprachen jetzt von der “Endlösung der Judenfrage”.
Am 6. Dezember 1941 wurde Elisabeth Menke nach Riga deportiert und vermutlich nach der Ankunft im Lager Jungfernhof umgehend erschossen. Sie wird nach 1945 für tot erklärt.