Lehrer, Freidenker, 1933 aus dem Schuldienst entlassen: Louis Satow – Schule Kampstraße 58

Louis Satow wurde am 19. September 1933 als Lehrer aus dem Hamburger Schuldienst entlassen, da er “staatsfeindliche Einsichten” vertreten hätte. Er war Lehrer an der (Taubstummen)Schule in der Kampstraße 58 im Hamburger Karolinenviertel.

Er war Freidenker und Sprecher der Freireligiösen Gemeinde Hamburg. Auf Basis der Umsetzung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Beamtentums vom 7. April 1933 wurde er aus dem Schuldienst entlassen und in den Ruhestand versetzt, unter Kürzung seiner Pensionsansprüche. Er war 1918 in die SPD eingetreten.

Die NSDAP war in allen Behörden die Namen durchgegangen und schmiss Beamte, Arbeitern und Angestellte in Staatsbetrieben raus, weil sie in der SPD oder der KPD waren oder sie sich politisch gegen die NSDAP geäußert hatten. Allein im Hamburger Friedhof wurden 150 Arbeiter von der Baubehörde entlassen.

Quelle: Staatsarchiv Hamburg. 422-11 C II a 4 Band III

Die Stadtverwaltung Wandsbek, heute Bezirksamt, wandte sich z.B. an die NSDAP-Ortsgruppen und übergab ihnen die vermuteten SPD-Mitgliedern, zu denen sie um eine “Beurteilung” bat. Ausgemachte SPD-Mitglieder mussten erklären, dass sie ihre Beziehungen zu dieser Partei abgebrochen hätten.

Quelle: Staatsarchiv Hamburg. 422-11 C II a 4 Band III

Ähnlich erging es Beschäftigten von Strom- und Hafenbau. Hier wurden in einer ersten Welle 159 Arbeiter wegen ihrer politischen Haltung bis September 1933 entlassen. Auf Listen wurde festgehalten, wer wo organisiert war und weshalb man ihn entlasse.

Quelle: Staatsarchiv Hamburg. 422-11 C II a 4 Band III

Wer in der KPD war, wurde auch materiell geschadet, so dass sie kein Ruhegeld als “Staatsarbeiter” erhielten.

In den Hamburger Schulen wurden bis 1935 fast 700 Lehrer:innen wegen des Gesetz zur Wiederherstellung des Beamtentums entlassen. In dem Gesetz war erstmals ein so genannter Arierparagraph formuliert wurden, die die Entlassung jüdischer Menschen aus dem Staatsdienst zur Folge hatte.

Louis Satow wurde am 20. Juni 1880 in Lübeck geboren. 1900 bestand er das erste Staatsexamen als Lehrer. Ab 1902 arbeitete er in einer Gehörlosenschule in Hamburg. 1904 legte er seine zweite Staatsprüfung in Hamburg ab und wurde nach einer Spezialausbildung für den Unterricht für Sprach- und Hörgeschädigten in Berlin verbeamtet. Seine Arbeitsstelle war die damalige Taubstummenschule in der Bürgerweide (21) in Hamburg-Hamm.

Vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 trat er der Altonaer Ortsgruppe der Deutschen Freidenker Gesellschaft bei, 1918 der SPD und wurde Mitglied der Freireligiösen Gemeinde. Er war in den 1920er Jahrer Herausgebeber verschiedener Periodika und Bücher im Verlag Ernst Oldenburg, Leipzig.

1930 wurde er Vorsitzender der Norddeutschen Arbeitsgemeinschaft der DFG. 1931 trat Louis Satow aus der SPD aus, da diese einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur DFG und SPD beschlossen hatte, schreibt Iris Groschek in ihrer Veröffentlichung “Die Hamburger Gehörlosenschule im ‘Dritten Reich'“.

Zwischenzeitlich war Satow als Lehrer in der Schwergehörigen-Schule in der Kampstraße 58 versetzt worden, die hier seit 1920 ihren Standort hatte. Am 27. Juli 1933 schrieb die Polizeibehörde Hamburg an die Landesunterrichtsbehörde/Schulbehörde Hamburg mit dem Vermerk „Eilt“, „betreffend Satow wegen des Verdacht staatsfeindlicher Einstellungen“. 

Am 19. September 1933 wurde Satow auf Basis des im April 1933 beschlossenen Gesetzes zur Wiederherstellung des Beamtentums aus dem Schuldienst entlassen und wurde vorzeitig pensioniert. „Da mir auch jede anderweitige Tätigkeit wurde, traf mich die vorzeitiger Pensionierung mit verminderter Pension besonders hart“, schrieb er 1951. 

Louis Satow war Sprecher der Freireligiösen Gemeinde Hamburg, die 1935 wegen „gesetzwidriger politischer Machenschaften“ von den Nazis verboten wurde. Er engagierte sich in der NS-Zeit im verfolgten Freimaurerbund “Zur aufgehenden Sonne” und wurde wiederholt von der Gestapo vernommen, ohne dass ihm etwas nachgewiesen werden konnte. 

In der Geschichte der Weißen Rose Hamburg spielten drei Hamburger Buchhandlungen eine Rolle: die Buchhandlung Kloss, die Hamburger Bücherstube Felix Jud und die Buchhandlung der Agentur des Rauhen Hauses. Die „Agentur“ war zur Zeit ihres Juniorchefs Reinhold Meyer einer der markantesten Sammelpunkte des studentischen Widerstandes gegen Hitler. In ihrem Keller traf sich „das andere Hamburg“. Kunst und Literatur von der Art, die die Nationalsozialisten als „entartet“, als „undeutsch“ verpönt hatten, erwiesen sich als ein Geheimcode, dessen Chiffren im Grunde nur besagten: Resistenz gegen die Bilderstürmer und Bücherverbrenner. Kampf den Boches, die Deutschland in eine barbarische Wüstenei verschandelten. Freiheit jetzt! In der Buchhandlung der „Agentur“ jener Zeit trafen sich dStudenten, die der Weißen Rose Hamburg angehörten oder nahestanden, einer ganzen Reihe von Künstlern und Intellektuellen, wie auch Louis Satow.

Nach der Befreiung Deutschlands vom Faschismus am 8. Mai 1945 gründete er den Hamburger Kulturverlag Satow, der erfolgreich Bücher und Magazine verlegte. Am 27. Mai 1968 starb er in Hamburg.

Ein Kommentar

  1. Es freut mich das diese sehr besondere Geschichte erzàhlt wird. Sie gibt mir eine Einsicht in diese Zeit, wo der Staat zu einer Kriminellen Organisation wurde,
    der Burger forderte um ein Verbrecher zu werden.
    Mòrde unde und Verschleppungen waren keine Antisemitismus, sondern eine sort Érziehung´ der Beamten, womit auch sie macht bekommen konnten.
    Power to the People.
    Antisemitismus was das Mittel um Macht zu verteilen und zu bekommen.
    Die Reinheit des Deutschem Blutes..Wie kennen doch alle das DNA, das uns erzàhlt das es das Deutsche Blut garnicht gibt+ Judisches Blut auch nicht, nur Menschen Blut

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