Elna Köhler wohnten seit 1940 in der Tornquiststraße 44. Sie und ihre 1941 geborene Tochter Tanja wurden am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt/Terezin, in der Nähe von Prag, deportiert. Tana Köhler starb am 2. Februar 1943 im Säuglingsheim des Gettos. Sie war gerade einmal 11 Monate alt. Elna starb am 2. März 1944 in Terezin.
Was ist über Elna und Tana Köhlers aus der Tornquiststraße 44 bekannt?
Elna Jacobsohn wurde am 12. Mai 1912 in Kopenhagen/Dänemark geboren. Ihr Vater, John Jacobsohn (geb. 1875), wurde in Kiel geboren, ihre Mutter Jenny war 1918 bereits verstorben. John Jacobsen wohnte seit 1923 in der Altonaer Bachstraße 73. Die Familie zog 1926 in die Bismarckstraße 130 nach Hamburg. Er war seit 1919 mit Rosa Kuh verheiratet. Nach einem Bericht der jüdischen Gemeinde war John Jacobsohn 1926 arbeitslos. Er „hatte seine Existenz, seine Wohnung und seine Wohnungseinrichtung völlig verloren und ist zur Zeit ohne bestimmten Erwerb.“ Die Familie war auf öffentliche Hilfe angewiesen. Diese Lage sollte die Familie weiter bestimmen.
Elna ging in die Israelitische Töchterschule in der Karolinenstraße 35. Einige Zeit lebte sie Ende der 1920er Jahren im jüdischen Paulinenstift im Laufgraben 37. Nach dem Schulabschluss besuchte sie die Gewerbeschule “für das weibliche Geschlecht“ in der Seilerstraße 46/48 und arbeitete als Hausangestellte beim Humanistischen Frauenverein in der Innocentiastraße. Seit dem 12. Mai 1933 war sie mit dem Autoschlosser Walter Köhler (geb. 1903) verheiratet. Am 18. März 1934 trat sie in die evangelische Kirche.
Die Gestapo nahm sie 1941 ins Visier. In einem Bericht vom 8. Januar 1941 wird vermutet, dass sie nach NS-Terminologie Jüdin sei und sich nicht als solche hätte bei der Polizei gemeldet und sich nicht registrieren lassen. Am 14. Januar 1941 wurde sie von der Kriminalpolizei vorgeladen und vernommen. Seit 1938 mussten sich alle Menschen, die nach Auffassung der Nazi Jüdinnen oder Juden waren, polizeilich den weiteren Namen „Sara“ und „Israel“ führen und sich dazu beim örtlichen Polizeirevier melden. In der Kennkarte und beim Standesamt (in der Alardusstraße 8) ließ sie sich in der Heiratsurkunde den Vornamen „Sara“ eintragen. Ihr Mann war aus der Mehrheitsgesellschaft und war davon nicht betroffen. Sie wurde zu einer Strafe verurteilt.
Die Köhlers lebten seit April 1940 in der Tornquiststraße 44 im Keller. Im Erdgeschoss war das Altersheim der SILOAH. Die Familie hatte zum Zeitpunkt zwei Kinder, Ilse (geb. 1934) und Ursula (geb. 1936). Was aus den beiden Mädchen wurde, kann ich Ihnen nicht sicher sagen. Aus der Meldekartei ergibt sich, dass Walter Köhler 1943 aus der Tornquiststraße 44 nach Strausberg in der Nähe von Berlin zog. Vermutlich sind sie mit ihm umgezogen. Einige Indizien sprechen dafür, dass alle drei in den 1950er Jahren wieder in Hamburg lebten.
Seit 1918 gehörte die Tornquiststraße 50 dem Diakonissenverein “SILOAH“, dem so genannten Mutterhaus als zentralen Ort des Vereins, in dem u.a. das Schwesternheim war. 1930 wurde die Tornquiststraße 48 dazu gekauft, später wurden noch weitere Wohnungen in der 44und 46 angemietet.
Von der Tornquiststraße 44 in die Westerstraße 27

Am 14. Februar 1941 wurde ihre Tochter Tana geboren. Beide mussten im Oktober 1941 ins Daniel-Wormser-Haus im Hamburger Münzviertel, direkt hinter dem Hauptbahnhof, umziehen. Ursprünglich war dies ein jüdisches Obdachlosenasyl, das 1909 entstanden war und den verfolgten jüdischen Menschen aus dem zaristischen Russland für kurze Zeit zur Verfügung stand. Ihnen wurde eine kostenlose Unterkunft und Versorgung bis zur Überfahrt nach Amerika über den Hamburger Hafen gewährt. In der NS-Zeit wurden die Stiftswohnungen der jüdischen Gemeinden vom NS-Staat Ende der 1930er Jahre zu so genannten Judenhäuser umgewandelt. Sie waren Massenunterkünfte für jüdische Menschen, die aus ihren Mietwohnungen vertrieben worden waren. Über diese „Judenhäuser“ wurden vor allem die Deportationen in den Osten abgewickelt. Ab 1942 wurden diese Häuser von der Stadt Hamburg der jüdischen Gemeinde geraubt.
Deportation am 15. und 19. Juli 1942 nach Theresienstadt/Terezin
John Jacobsohn, der Vater von Elna, und seine Partnerin, Rosa Kuh (geb. 1884), wurden am 15. Juli 1942 über die Schule Schanzenstraße nach Terezin deportiert. Das Ehepaar musste zu diesem Zeitpunkt bereits in einem sogenannten Judenhaus, in der Bundesstraße 35, dem Samuel-Levy-Stift, leben. Rosa starb dort am 9. September 1943, John bereits am 27. Juli 1943 in Terezin.
Elna Köhler wurde mit ihrer Tochter Tana am 19. Juli 1942 nach Theresienstadt/ Terezin deportiert. An diesem Tag wurden die letzten 23 Bewohner:innen aus dem Daniel-Wormser-Haus über den Hannoverschen Bahnhof nach Terezin verschleppt. Es ist zu vermuten, dass sie direkt von Westerstraße 27 zum Hannoverschen Bahnhof gebracht wurden. Über 1.500 jüdische Menschen wurden am 15. und 19. Juli 1942 über die Schule Schanzenstraße zum Hannoverschen Bahnhof (heute Hafencity hinter dem SPIEGEL-Gebäude) gebracht. Es waren die letzten großen Massendeportationen aus Hamburg: Am 11. Juli 1942 nach Auschwitz, am 15. und 19. Juli 1942 nach Terezin.
Stolperstein?
In Hamburg liegen über 7.000 Stolpersteine, die an die vielen NS-Opfer aus unserer Stadt erinnern. Sie sind Teil unserer Erinnerungskultur. Sie sind ein sichtbares wie eher stilles Zeichen, die Menschen (und das Geschehen) nicht zu vergessen. Wenn es für Sie als Nachbarn eine Frage sein sollte, die Sie kritisch prüfen wollen, so möchte ich Sie auf die Web-Seite der Hamburger Stolpersteine (www.stolpersteine-Hamburg.de) verweisen. Hier kann man sich unter der Navigation „Paten/Patin“ informieren. Eine solche Patenschaft kostet pro Stein einmalig 120 €.